Herbstgutachten 2016 der führenden Wirtschaftsinstitute: Deutsche Konjunktur bleibt moderat
Die deutsche Wirtschaft befindet sich in einem moderaten Aufschwung und wird in diesem Jahr um 1,9 Prozent, im nächsten Jahr um 1,4 und im Jahr 2018 um 1,6 Prozent wachsen. Getragen wird die Expansion von einem stabilen Arbeitsmarkt und kräftigen Konsum. Die bereits seit längerem schwachen Investitionen und die Exporte werden im Laufe des Jahres etwas anziehen. Abzuwarten bleiben die Folgen des Brexit. Die Entscheidung der Briten aus der Europäischen Union auszutreten, könnte die deutsche Konjunktur im Prognosezeitraum beeinträchtigen. Die Beschäftigung steigt weiter stark an.
Herbstgutachten 2016 der führenden Wirtschaftsinstitute: Deutsche Konjunktur bleibt moderat
Die deutsche Wirtschaft befindet sich in einem moderaten Aufschwung, der von einem stabilen Arbeitsmarkt und kräftigen Konsum gestützt wird. Davon gehen die an der Gemeinschaftsdiagnose beteiligten Wirtschaftsforschungsinstitute aus. Das Bruttoinlandsprodukt wird demnach im nächsten Jahr um 1,4 Prozent und im Jahr 2018 um 1,6 Prozent wachsen. Für das laufende Jahr wird ein Wachstum von 1,9 Prozent erwartet, so die von der Bundesregierung in Auftrag gegebene Gemeinschaftsdiagnose. Im Frühjahr gingen die Institute noch von einem Wachstum von 1,6 Prozent für dieses und 1,5 Prozent für nächstes Jahr aus. Die Bundesregierung erwartet in ihrer Herbstprojektion 2016 einen Anstieg des Bruttoinlandsprodukts von 1,8 Prozent im aktuellen Jahr.
Der Arbeitsmarkt ist nach wie vor in einer guten Verfassung und trägt den privaten Verbrauch, darüber hinaus machen sich beim öffentlichen Konsum Aufwendungen für die Integration von Flüchtlingen bemerkbar, so dass die Binnenkonjunktur außerordentlich gut dasteht, so Ferdinand Fichtner, Leiter der Abteilung Konjunkturpolitik am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin).
Die Arbeitslosenquote dürfte im nächsten Jahr auf ihrem historischen Tief von 6,1 Prozent verharren. Die Beschäftigung steigt weiter kräftig, es entstehen fast eine halbe Million neue Stellen. Die Industrie leistet anders als in früheren Erholungsphasen einen unterdurchschnittlichen Beitrag. Die bereits seit längerem schwachen Investitionen und die Exporte werden im Laufe des Jahres aber etwas anziehen.
Es bestehen Risiken für die deutsche Konjunktur, vor allem, weil vielerorts gesellschaftliche Strömungen im Aufwind sind, die die Integration der Weltwirtschaft in Frage stellen, warnt Fichtner.
So könnte die Entscheidung der Briten, aus der Europäischen Union auszutreten, die deutsche Konjunktur im Prognosezeitraum beeinträchtigen, falls die Konfrontation zwischen der EU und Großbritannien die Unternehmen verunsichert. Die Institute sehen die Gefahr, dass auch andernorts die Skepsis gegenüber internationaler wirtschaftlicher Zusammenarbeit verstärkt Einfluss auf die Politik nehmen und so die deutsche, europäische und internationale Konjunktur beeinträchtigen könnte. Die Gemeinschaftsdiagnose diskutiert im Detail die Implikationen der Prognose für die Wirtschaftspolitik.
Privater Konsum gebremst
Im weiteren Prognoseverlauf dürfte sich die Expansion in den fortgeschrittenen Volkswirtschaften mit etwas geringerem Tempo fortsetzen. Getragen wird die weltwirtschaftliche Expansion voraussichtlich weiterhin vom privaten Konsum. Die Beschäftigung in den USA, im Euroraum und in Japan dürfte weiter spürbar zunehmen, wenngleich der Produktivitätsfortschritt voraussichtlich gering bleiben wird, so dass die Löhne nur allmählich schneller steigen dürften. Zudem fallen die Kaufkraftgewinne durch die niedrigen Ölpreise allmählich weg, was die Expansion des privaten Konsums wohl bremsen wird.
Rohstoffpreise steigen
Für den Prognosezeitraum ist zu erwarten, dass die Rohstoffpreise weiter leicht anziehen. Während die davon ausgehenden dämpfenden Effekte in den Industrieländern moderat sein dürften, wird die konjunkturelle Erholung in den rohstoffexportierenden Schwellenländern unterstützt.
Geldpolitik der Europäischen Zentralbank bleibt expansiv
Angesichts weiterhin niedriger Inflationsraten und unterausgelasteter Produktionskapazitäten im Euroraum setzt die Europäische Zentralbank (EZB) ihren auf geldpolitische Expansion ausgerichteten Kurs fort. So wird auch in den kommenden Jahren ein Umfeld äußerst günstiger Finanzierungskonditionen erhalten bleiben, weil die Europäische Zentralbank (EZB) ihre Politik an der durchschnittlichen Entwicklung im Euroraum ausrichtet und diese weiterhin deutlich schwächer ausfallen wird als hierzulande. Dies wirkt für sich genommen anregend auf die Konjunktur in Deutschland. In Deutschland bleiben die Zinsen damit weiterhin niedrig.
Finanzpolitik ist leicht expansiv
Die Finanzpolitik ist im Allgemeinen ebenfalls expansiv ausgerichtet. Das gilt besonders für Rumänien, wo die Regierung den aufgrund der niedrigen Staatsverschuldung gegebenen Spielraum nutzt, indem sie die Verbrauchssteuern senkt sowie den Mindestlohn und die öffentlichen Gehälter deutlich anhebt. Das gesamtstaatliche Defizit droht in diesem Land in den kommenden Jahren über die 3 Prozent-Marke zu steigen. In Polen gibt es eine besonders kräftige Erhöhung des Kindergelds, und ab dem Jahr 2017 soll das Pensionsalter deutlich herabgesetzt werden.
Weltwirtschaftliche Konjunkturprognose
Für die USA zeichnet sich nach einem schwachen ersten Halbjahr ein Anziehen der Produktion ab. In Japan dürfte neue Konjunkturprogramme die Wirtschaft stimulieren, auch wenn die deutliche Aufwertung des Yen dämpfend wirkt. Für den Euroraum hat sich die Erholung im Sommer wohl in wenig verändertem Tempo fortgesetzt. In China wurde die Produktion im zweiten Quartal auch aufgrund expansiver wirtschaftspolitischer Maßnahmen deutlich stärker ausgeweitet als in den drei Monaten zuvor. In Russland und Brasilien, die sich in der Rezession befanden, bessert sich die konjunkturelle Lage etwas, wozu auch steigende Exporterlöse aufgrund der seit Jahresbeginn anziehenden Rohstoffpreise beigetragen haben dürften. Die Geldpolitik in den großen Währungsräumen ist seit Längerem ausgesprochen expansiv ausgerichtet. Von der Finanzpolitik dürften in vielen Regionen zurzeit stützende Effekte auf die Konjunktur ausgehen. Die Weltwirtschaft hat sich im Sommer dieses Jahres belebt, nachdem der Produktionsanstieg in der ersten Jahreshälfte sehr verhalten war. In den fortgeschrittenen Volkswirtschaften dürfte die Produktion inzwischen wieder stärker ausgeweitet werden, und die Konjunktur in den Schwellenländern stabilisiert sich. In der Grundtendenz ist die weltwirtschaftliche Dynamik allerdings nach wie vor geringer als in den Jahren vor der Großen Rezession.
Schwellenländer weiterhin schwach
Auch für die Schwellenländer ist keine deutliche Beschleunigung der Expansionsraten des Bruttoinlandsprodukts zu erwarten. Insbesondere der Wandel der Wirtschaftsstruktur in China wird dazu führen, dass die Ausweitung der Produktion auch im weiteren Prognoseverlauf weiter an Schwung verlieren wird. Auch wenn Brasilien und Russland die Rezession wohl überwinden werden, ist zu erwarten, dass das Expansionstempo in diesen Ländern verhalten bleibt. In Großbritannien dürfte insbesondere die Investitionstätigkeit unter der Brexit-Entscheidung leiden.
Weltproduktion in 2016 und 2017
Die Weltproduktion wird trotz der Belebung im zweiten Halbjahr in diesem Jahr aufgrund der Schwäche zu Jahresbeginn lediglich um 2,3 Prozent ausgeweitet und damit deutlich langsamer als im Vorjahr. Im nächsten und im übernächsten Jahr wird die Expansion mit jeweils 2,7 Prozent voraussichtlich wieder stärker ausfallen.
Weltweite Exporte
In der ersten Jahreshälfte 2016 expandierte das Bruttoinlandsprodukt recht kräftig. Maßgeblich dafür waren neben dem Konsum die Exporte, die von der zunehmenden Nachfrage vor allem aus Asien und aus Osteuropa profitierten. Allerdings hat sich das Expansionstempo der Produktion im zweiten Quartal deutlich verringert; die inländische Verwendung ging vorübergehend sogar zurück. Rückläufig waren im zweiten Quartal 2016 insbesondere die Unternehmensinvestitionen. Bei den Bauinvestitionen machte sich das witterungsbedingte Vorziehen von Bauvorhaben in das erste Quartal negativ bemerkbar. Zu der Verlangsamung der Expansion hat auch beigetragen, dass die Realeinkommensgewinne, die mit dem Ölpreisrückgang des vergangenen Jahres einhergingen, allmählich auslaufen.